Allgemeines
60 Jahre. Unser BMW 700 jubiliert...
Alles Schöne und Gute beginnt mit einem hervorragenden Designer, und in diesem Fall dürfte „Giovanni Michelotti“ wohl der Glücksgriff gewesen sein. Sein Ergebnis begegnet uns immer wieder. Sei es auf den verschiedensten Oldtimertreffen, wie z.B. in Süderbrarup, auf Teilemärkten, vor Jahrzehnten in Mannheim oder im Jahr 2018/2019. Und das in traumhaften Zuständen. 700 Sportcoupé und Cabriolet, klingt richtig gut und soll als Viergang/Handschalter unter dem Code 107/110 Erfolg einbringen. Höchstpreisig (ca. 5.300 DM) wird er 1959 mit einem 30 PS starken Motor angeboten, und schon ein Jahr später wird unser „Hecktriebler“ mit 10 weiteren PS, also auf 40 PS aufgepäppelt.
In nur 4 Monaten entwickelt ist das Sport Coupé auf der IAA, für mehrere Jahre veräußert und die profitablen Umsätze bringen über 180.000 BMW 700 in den Umlauf (Produktionsstopp 1965). Die Limousine ist ebenfalls 2-türig, wird über 55.000 mal gebaut und ist mit 4.760 DM entsprechend günstiger als das Coupé. 1960 ändern sich die Leistungen und Daten, die Verdichtung ändert sich auch, nun 2 Vergaser und geändertes Getriebe. 40 PS sind es jetzt und der 700er schafft nun stattliche 135 km/h. Im Stuttgarter Raum erhält er nun den Beinamen „Facharbeiter-Porsche“.
Der LS erscheint 1962 als „Neuaflage“ von BMW, sein Radstand hat sich nun verlängert, jetzt auf insgesamt 16 cm mehr. Dies kommt dem Motorraum und dem Sitzkomfort zu Gute. Veräußert wird die LS Limousine für 4.785 DM. Mit der Luxusausstattung war er für 5.320 DM zu haben. Vom Coupé, das nunmehr für 5.850 DM erhältlich ist, werden nur in etwa 1.756 Einheiten erstellt, und die Limousine findet immerhin noch 93.000 Käufer. Ein neuer vierzylindrischer Motor für den BMW 700 LS??? Der Gedanke ist da, steht aber nicht mehr im Kostenverhältnis. Mit BMW 1500-1800 verliert der BMW 700 nun seinen Schatten, und auf dem Weg zum Erfolg steckt die Mittelklasse noch in den Kinderschuhen.
Wer glaubt, der BMW 700 lebt nicht mehr, der irrt, aber ganz gewaltig! Selbst die Triebwerke alleine existieren in vielfältigen Formen, Einbauten und haben sich etabliert. Erlebt habe ich diesen Motor, freilich zum ersten Mal, in einem BMW 600, für mich im Fronttürer die Premiere. Mit dem Flair, seiner Zeit ein wenig voraus gewesen zu sein.
Erlebt habe ich den BMW 700 Motor im RS!!! Weder als Fahrer, noch als Beifahrer, aber den Geräuschen lauschend. Der Faszination erlegen. Dem Flair, der Form von der Karosse und dessen silberner Lackierung. Das Triebwerkgehäuse?? BMW 700!
Nur treiben Königswellen die Einlassnockenwellen an. Und die Luft? Für die „Beatmung“ sorgen z.B. zwei „Del’Orto Vergaser. So entstehen 70 PS, bei 8000 Umdrehungen in der Minute. Leicht durch einen Gitterrohrrahmen und das Aluminiumkleid erzielt der RS so seine Spitzengeschwindigkeit.
Erlebt habe ich auch ein unrestauriertes originales BMW 700 Coupé. In den 52 Jahren seiner Existenz legte dieses Auto nur knapp über 14.000 Kilometer zurück. Es verdient das Prädikat „Historisch wertvoll“.
Die Rücksitzbank ist bis heute mit der Klarsichtfolie verpackt, die als Schonbezug gedacht war. Neuwertige Papiere, natürlich im Original. Leichte Patina sucht man vergebens. Aber sorry, da war doch noch was: unter der Batterie ein wenig Flugrost.
Erlebt habe ich BMW 700 Triebwerke, die hochpreisig angeboten wurden, Karosserieteile inbegriffen. Über und über mit silbernem Hammerschlaglack quasi übergossen. Ganz in der Nähe eine stark verrostete Isetta.
Der BMW Motor ließ eine Erinnerung in mir erwachen. Es war der BMW 803-A Motor, der aus Kalifornien/USA seinen Weg zurück nach Bayern fand. Auch dieser Motor war mit einer dicken Schicht Farbe angepinselt worden. Die Meister der Motoren haben hier Außergewöhnliches geschaffen. 2,6 Tonnen schwer, 28 Zylinder, 84 Liter Hubraum, ein „Relikt“ aus Zeiten des 3. Reiches. Aber zurück zum BMW 700. Den Überlieferungen nach fragte Quandt Fritz Nallinger, den Entwicklungschef von Daimler Benz, zur „Absicherung“ nach dessen Meinung zum 700er BMW. Nallinger unterzog den BMW 700 einer ausführlichen „Probefahrt“, telefonisch erhielt Quandt folgende Nachricht: „Gutes Fahrzeug. Mit dem gewinnen Sie Zeit für einen Mittelklassewagen.“ Und es kam, wie wir die Geschichte heute kennen.
Herbert Breyhahn